Frank Wies, Vice-président d'AIL

An die Initiatoren des Wiederspruchs gegen die Errichtung eines Wohnheims für Asylbewerber in Junglinstervel article

Sehr geehrte Dame, Sehr geehrter Herr,

Durch die Presse habe ich Kenntnis genommen von Ihrem öffentlichen Brief vom 22. August2012 an den Schöffenrat von Junglinster in welchem Sie sich vehement gegen die geplante Einrichtung eines Wohnheimes für Asylbewerber im Ortszentrum von Junglinster aussprechen.

Sie erklären Ihr « Entsetzen » als Eltern von drei Kindern damit, dass diese durch die Präsenz eines solchen Wohnheimes in unmittelbarer Nähe zu schulischen Einrichtungen zu Opfern von « sozialen Problemen » würden. Wobei Sie soziale Probleme wie folgt definieren : « Anstieg von Gewaltverbrechen, Drogenkriminalität einschlieβlich entsprechender Beschaffungsdelikte, Verschmutzung von Parkanlagen, etc. » Es gibt den schönen Satz vom französischen Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, welcher wie folgt lautet : « Kinder müssen mit Erwachsenen sehr viel Nachsicht haben ».

Ich finde es traurig, dass Ihre Kinder als Alibi benutzt werden um Ihren Vorurteilen gegenüber Ihnen unbekannten Personen Nachdruck zu verleihen. Personen welchen Sie « kriminelle Aktivitäten » unterstellen und sich dabei auf nicht existierende polizeiliche Statistiken berufen.

Es ist Ihr gutes Recht Angst vor dem Fremden zu haben und diese zu äussern. Solche Reaktionen gab es auch in Petingen bei Bekanntgabe eines ähnlichen Vorhabens. Es wäre in dem Zusammenhang interessant für Sie sich vor Ort in Petingen zu informieren, welche Folgen die Präsenz von Asylbewerbern denn auf die Lebensqualität hatte.

Es ist gut möglich, dass Sie danach Ihre Meinung revidieren, da meiner Kenntnis nach die von Ihnen angekündigten « sozialen Probleme » nie aufgetaucht sind. Laut Ihrem Schreiben möchten Sie Ihre Kinder vor jeglichem Kontakt mit Asylbewerbern bewahren. Es steht mir nicht zu mich in die Erziehung Ihrer Kinder einzumischen. Persönlich bin ich jedoch der Meinung, dass man Kindern nicht die Augen vor den Realitäten dieser heutigen, oft absurden Welt verschliessen soll.

Die Präsenz von Asylbewerbern in Luxemburg ist eine Realität welche man nicht leugnen kann, eben so wenig wie die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Konflikte die am Ursprung dieser Migration stehen. Die Personen vor welchen Sie vorgeben Ihre Kinder unbedingt schützen zu müssen, tun im Grunde nichts anderes als eine grosse Zahl unserer Vorfahren, welche vor 150 Jahren Luxemburg verlassen haben um in Amerika ein besseres Leben zu suchen. Manche sind gescheitert und mussten frustriert die Heimreise antreten, manche wurden kriminell und landeten im Gefängnis, die grosse Mehrheit aber hat das Wagnis bestanden und Ihre Nachfahren leben heute als respektierte Bürger in den USA.

Kinder mit dieser Realität vertraut zu machen, Ihnen zu erklären weshalb diese Familien im « Container » wohnen, diese fremde Sprache sprechen, von sozialer Hilfe abhängig sind und nicht im Sommer mal vierzehn Tage Urlaub nehmen können, ist mit Sicherheit nicht leicht.

Ich stelle es mir jedoch einfacher und wünschenswerter vor, als diese Personen zu verteufeln, Sie noch mehr an den Rand der Gesellschaft zu drängen und die Angst, die Vorurteile wenn nicht sogar den Hass auf das Fremde an die nächste Generation weiterzugeben.

Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie die Asylbewerber unterstützen und sich für ihre Belange einsetzen. Sollten Sie es dennoch tun und auf diese Menschen zugehen, würden Sie im Übrigen wohl enttäuscht werden. Es sind weder notorische Kriminelle, Vandalen oder sonstige Halunken, noch sind es bessere Menschen als Sie und ich. Nein, es sind einfach Menschen, mit Ihren Stärken und Schwächen. Manche mehr, manche weniger sympathisch.

Alle eint jedoch die Hoffnung in Luxemburg ein besseres Leben führen zu können, fern von ihrer Heimat. Vielen wird dieser Wunsch verwehrt bleiben. Angesichts dieser ungewissen Zukunft sollten wir sie wenigstens von archaischen Vorurteilen verschonen. Mit freundlichen Grüssen Frank WIES